Bilingualer Verlag in Messel
VON ASTRID LUDWIG
Nida und
Sibel Öz
(Foto: Boeckheler/FR)
Messel. Manchmal fühlt sich Nida Öz
wie ein Don Quichote der türkischen Literatur. "Wir haben doch mehr als
Döner und Moscheen", sagt der 53-jährige Lyriker. "Es gibt über drei
Millionen Türken in Deutschland, aber keine einzige Literaturwerkstatt."
Der gebürtige Istanbuler, der in den 80er Jahren nach Darmstadt kam und heute
in Messel lebt, versucht seit sieben Jahren mit einem kleinen zweisprachigen
Verlag und einer online-Zeitschrift eine deutsch-türkische Literaturbewegung in
Gang zu setzen. Doch: Autoren und ein Publikum dafür zu finden, ist schwer.·
2001 gründete er den Verlag Öz Yapim H@vuz Yayinlari. Sein Ziel war, in
Deutschland und der EU lebende türkische Autoren zu verlegen und zweisprachig
zu veröffentlichen. Öz wollte ihre Literatur bei einem deutsch-türkischen
Publikum populär machen. "Eine große Enttäuschung" bilanziert er
heute. Nur sieben Bücher erschienen bisher, darunter etwa zwei eigene
Gedichtbände, Erzählungen von Merih Günay oder ein feministischer Roman von
Ali Oezenc Caglar.
Der Lyriker, der das lange Haar zum Zopf gebunden trägt, sieht ein Dilemma: Die
Türken der ersten Generation in Deutschland stammten aus dörflichen Strukturen.
"Sie kamen hierher, um zu arbeiten, nicht um zu lesen".
Die Landsleute, die wie Öz selbst in den 80er Jahren vor dem Militär in den
Westen flohen, waren eher Intellektuelle. "Doch viele Türken wollen lieber
in der Türkei veröffentlichen." Die Emigrantenkinder haben dagegen heute
begonnen, in Deutsch statt Türkisch zu schreiben. "Es bewegt sich nicht
viel in der türkischen Literaturszene in Deutschland", bedauert Öz.
2005 gründete er mit seiner Frau Sibel die Kunst- und Kultur-online-Zeitschrift
"Dergi H@vuz" für türkische Autoren weltweit. Der Newsletter
erscheint alle zwei Monate in türkischer Sprache, stellt Neuerscheinungen,
Bücher und Autoren vor. Seither läuft es, "wenn auch anders als ich
eigentlich mal gedacht hatte".
Öz hat mehr als 25.000 Abonnenten und monatlich über 70.000 Klicks auf seiner
Webseite. Viele türkische Autoren wollen nun über ihn in Deutschland
veröffentlichen oder hiesige in der Türkei. Öz ist Lektor übernimmt das Layout,
den Druck und Vertrieb in der Türkei. Sein eigener Verlag hat durch das
Online-Angebot ebenfalls mehr Aufmerksamkeit erhalten.
Der 53-Jährige vertritt den türkischen Literaturverband in Deutschland. Derzeit
betreut er auf der Frankfurter Buchmesse türkische Autoren. Dass Orhan Pamuk
den Nobelpreis erhielt, habe die türkische Literatur bekannter gemacht, freut
er sich.
Im nächsten Jahr will Öz mit seinem Verlag und eigenem Stand auf der Buchmesse
vertreten sein. "Bis dahin habe ich vielleicht 20 Bücher verlegt",
hofft er. Den Traum von der türkischen Literaturbewegung in Deutschland gibt er
nicht auf. Nida und Sibel Öz wollen
weiterhin deutsch-türkische Literaturabende in Darmstadt organisieren.
Kontakt: 06159/717950
www.dergi.havuz.de