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Matthias spürte instinktiv,
was ihm bevorstand, wenn er diesen Männern in die Hände fiel; er hatte genügend
Wildwestfilme gesehen.
Er lief um sein Leben. Es kam ihm jedenfalls
so vor, aber wahrscheinlich war es auch so. Seine Voraussetzungen waren nicht
schlecht; er Hatte eine Hundertmeterzeit von 13,5 und lief die tausend Meter
unter 3-30, was keiner seiner Verfolger brachte, und zwar mit Abstand nicht.
Aber dafür musste er für sich allein laufen, während die anderen quasi eine
Staffel bildeten. Ihre Schreie waren wie ein Staffelstab, mit ihnen gaben sie
den Verfolgungsauftrag weiter und weiter, bis Matthias den Eindruck hatte, ganz
Wilmersdorf, ja, ganz Berlin jagte ihn. Wie in einem Slapstick-Film war es.
Er schlug Haken, lief in einen
Hausflur nach dem anderen hinein, hetzte über Hinterhöfe und kletterte über die
Zäune hinweg, die sie voneinander trennten; er verschwand in U-Bahneingängen
und tauchte auf der anderen Straßenseite wieder auf; er klammerte sich hinten
an einen Laster und fuhr ein Stückchen mit; er hörte Martinshörner und sah die
Blaulichtblitze zucken; er stolperte und raffte sich noch einmal auf.
Vor ihm war ein großes
Eingangstor. Er rettete sich hinein und geriet in ein riesiges, ihm völlig
unbekanntes Schulgebäude. Am Ende seiner Kräfte, sank er auf eine Holzbank die
irgendwo auf einem schmalen Flur stand. Ihm wurde schwarz vor Augen, doch
gleichzeitig erfüllte ihn ein Gefühl von Geborgenheit hier als Schüler unter
Schülern war er am sichersten, wenn sie wirklich kamen und ihn verprügeln wollten,
hier waren Lehrer, die ihn beschützen würden.
Doch da waren schon wieder
diese schrecklichen Martinshörner. Wahrscheinlich umstellten sie die Schule. In
den Klassenräumen wurden sie schon unruhig, das hörte er.
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Dieser Text
ist ein kurzer Einblick aus dem Vortrag. Die Vorträge der
Literaturveranstaltung werden zu
einer Dokumentation zusammengefasst.